Wiesbadener Kurier
29. August 2014
Wenn es zu einem Verkehrsunfall kommt, muss es schnell gehen: Dann sind die Rettungskräfte von Feuerwehr, Polizei und Notarzt darauf angewiesen, dass die anderen Verkehrsteilnehmer mitdenken – und eine Rettungsgasse für die Einsatzwagen bilden.
Das Gegenteil ist leider oft der Fall. Der hessische Landesverband der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft (DfeuG) und das private Informationsportal Wiesbaden112 bereiten daher eine groß angelegte Kampagne vor, mit der sie die Rettungsgasse wieder stärker ins Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer rufen wollen.
Rettungsgasse kann leben retten
Den letzten Anstoß dazu gab ein Unfall auf der A3 am 18. Juli – der mit einem schrecklichen Unglücksfall endete: Ein Lkw-Brand kurz vor der Abfahrt Niedernhausen verursachte einen Stau von bis zu 20 Kilometer Länge. Aufgrund der heißen Temperaturen am Nachmittag von mehr als 30 Grad kam es zu fünf medizinischen Notfällen, darunter ein Kleinkind, das kollabierte und erst von einer Motorradstaffel der Rettungskräfte erreicht und versorgt werden konnte. Das Kind verstarb allerdings in der Nacht. „Der primäre Grund für den Tod des Kindes war zwar nicht die fehlende Rettungsgasse“, sagt Sven Janneck, Pressesprecher der Feuerwehr-Gewerkschaft in Hessen. „Aber wenn die Einsatzkräfte eine Gasse gehabt hätten, wären sie sehr viel schneller vor Ort gewesen.“
Von Kollegen und aus eigener Erfahrung wissen die Rettungskräfte, dass es immer wieder zu solchen Situationen kommt. „In der Fahrschule lernt man, wie die Rettungsgasse zu bilden ist“, sagt Janneck. „Und dann steht man im Stau und keiner denkt offenbar mehr daran, zur Seite zu fahren und eine Gasse frei zu halten.“ Um Autofahrern die Rettungsgasse und das richtige Verhalten im Straßenverkehr präsenter zu machen, arbeiten die Mitarbeiter von Wiesbaden112 und der hessischen Feuerwehrgewerkschaft mit Hochdruck daran, eine landesweite Kampagne auf den Weg zu bringen.
Bundesweite Kampagne?
„Vorbild ist eine groß angelegte Kampagne in Österreich, die dort seit 2012 sehr erfolgreich läuft“, berichtet Michael Ehresmann von Wiesbaden112. Jetzt gilt es, auf politischer Ebene Unterstützer zu finden. Die ersten Gespräche mit dem hessischen Innenministerium und dem hessischen Verkehrsministerium seien positiv verlaufen. Die Initiatoren hoffen, einen der beiden Minister als Schirmherr für die Aktion gewinnen zu können. Der Wiesbadener Oberbürgermeister und Feuerwehrdezernent Sven Gerich setzt sich für die Aktion ein. „Die Idee ist super, es wäre aber besser, wenn die Kampagne nicht nur in Wiesbaden, sondern hessenweit umgesetzt wird“, sagt Gerich. „Uns ist es wichtig, unser Anliegen auch in die Politik zu tragen“, sagt Janneck. Denkbar ist letztlich auch, die Kampagne bundesweit zu lancieren.
Ein Logo, Flyer und Werbeaufkleber seien entworfen. Auf einer Internetseite werben der hessische Landesverband der DfeuG und Wiesbaden112 für das Vorhaben. Alle hessischen Feuerwehren und deren politische Vertreter seien angeschrieben. Das Polizeipräsidium Westhessen sei ebenfalls informiert. Ziel ist es, die Rettungsgasse als Thema an Autobahnen und in der Stadt allgegenwärtig zu machen. „Die Leute müssen fast schon genervt davon sein, dass sie das nächste Mal, wenn sie im Stau stehen, daran denken“, meint Janneck.